Warum die Menopausenberatung in der Gyn-Praxis viel zu kurz kommt

#16,89€ – es begann als Kommentar…

Meine social-media-Reise beginnt mit einem Kommentar auf einen Instagram-post von Susanne Liedtke von nobodytoldme.de, die als Wechseljahresaktivistin und Ökotrophologin Frauen dabei unterstützt, gesünder durch die Wechseljahre zu kommen. 

Sie schreibt als Antwort auf einen FAZ-Artikel zu den Wechseljahren, dass es „ein Hohn!!!“ sei, wenn darin Frauen geraten werde, sich einen Arzt zu suchen, „der empathisch ist und einen ernst nimmt“. Viele Frauen schrieben sie wöchentlich an, „weil sie sich eben nicht gut beraten fühlen von ihrer Gynäkologin oder ihrem Gynäkologen“, weil sie „teilweise stundenlange Fahrtzeiten in Kauf nehmen und monatelang auf einen Termin bei einer neuen Ärztin gewartet haben, nur um dann wieder enttäuscht zu sein von der nicht vorhandenen Empathie, von der Unkenntnis, von der Kürze des Termins“.

Hier meine Antwort (zur Verständlichkeit und Vollständigkeit etwas redigiert) 

Ich bin seit 12 Jahren niedergelassene Frauenärztin in München in einer Kassenpraxis (villinger-praxis.de) und berate meine Patientinnen zu Wechseljahren, Verhütung, Schwangerschaft und Co. Ich glaube, dass viele KollegInnen sich sehr bemühen, empathisch zu sein und individuell zu beraten. Tatsächlich ist der Beratungsbedarf wirklich extrem hoch und tatsächlich bekommen wir das nicht ansatzweise angemessen bezahlt.

Liebe Frauen, wisst, dass wir Pauschalen vergütet bekommen. Im Quartal 16,89€ – Egal wie oft ihr kommt, erhalten wir nur diese eine Vergütung für eine Beratung. Der Vorsorgeabstrich darf mit 24,71€ zusätzlich abgerechnet werden (1x/Jahr für Frauen bis 34, alle 3 Jahre für Frauen ab 35) und die Beratung zu Verhütung mit 12,99€. Das war‘s. Maximal also 54,60€. Aber das auch nur, wenn der Abstrich mitgemacht wird. Nur Beratung sind max 30€. Und bei menopausalen Frau kann nicht mal mehr die Verhütungsberatung angesetzt werden – bleiben 16,89€ 1x/Quartal! 

Ein zweiter Kontakt im Quartal ist gar nicht vorgesehen. Der wäre schon pro Bono. 

Könnt ihr euch das vorstellen? 16,89€!!!! Für eine Arztkonsultation! Nach sechs Jahren Studium und fünf Jahren Facharztausbildung. 

Und wie schaffe ich es, neben An- und Ausziehen (wie war das mit den Schichten im Winter?), Gyn-Untersuchung, Brust Abtasten auch noch individuell mehr als einen Satz extra zu sprechen? 

Bei 16,89€/Kontakt solltet ihr nach 5 Minuten wieder draussen sein…..

Und so kommt es, dass viele ÄrztInnen sich gezwungen sehen, sechs bis zehn Patientinnen/Stunde einzubestellen, damit das ganze Unterfangen Arztpraxis funktioniert. 

Wundert es Euch da, dass Ihr Eure Sorgen und Nöte gar nicht zur Sprache bringen könnt? 

Oder sie entscheiden sich bewusst dafür, mehr Zeit zu investieren. Weil sie das so wollen. Weil das ihr Anspruch ans Arztsein ist. 

Natürlich muss aber auch diese Arztpraxis Miete zahlen, Geräte vorhalten, und MitarbeiterInnen entlohnen…. Es wird dann meist eine Mischkalkulation aus abrechenbaren Kassenleistungen und IgeL (Individuelle Gesundheitsleistungen). Ob wir’s wollen/gut finden oder nicht – auch Privatpatientinnen sind eine Säule für das Funktionieren einer Kassenpraxis. 

Es heisst doch immer „Zeit schenken“ …

Glaubt mir, für uns ÄrztInnen ist diese Situation mindestens ebenso unbefriedigend. Ich möchte mit diesem Beitrag kein Mitleid erwecken für den „ach so armen Arzt“. Ich möchte nur erklären, warum ÄrztInnen in Kassensprechstunden vermutlich wenig mit euch sprechen. Und dass bei allen Beiträgen, die ihr in die gesetzliche Krankenkasse einzahlt, diese nicht für Eure Wechseljahresberatung vorgesehen sind. Warum Ihr in der Arztpraxis vermutlich gefragt werdet, ob ihr eine IgeL dazubuchen wollt. Sicher nicht, weil wir uns daran unbotmäßig bereichern wollen, sondern schlicht, um Euch Zeit zu ermöglichen für das, was wir euch sonst nur schenken könnten – eine individuelle Beratung. Und „schenken“ können und tun wir die im Einzelfall auch immer wieder, aber nicht auf Dauer als Konzept. Denn dann gäbe es uns bald nicht mehr. 

Ich habe mich deswegen entschieden, Frauen ein personalisiertes Angebot zu machen. Ich coache und berate zusätzlich zur normalen Sprechstunde in meinem eigenen Heilraum auf Wunsch und nach Vereinbarung Frauen individuell zu Wechseljahren, Hormonen (ja oder nein), Ernährung, Darmgesundheit, Lebenskrisen und mehr.

Die Themen Perimenopause und Menopause gehören auf die Agenda

Ja, da sind alles Privatleistungen. Aber ich wünsche mir, dass wir Frauenärztinnen unsere Kompetenz und das Vertrauen der Frauen nicht verlieren, nur weil unser System das nicht hergibt. Sicher, wir müssen letztlich die Strukturen verändern. Wir müssen das Thema Wechseljahre, Perimenopause und Menopause auf die Agenda von Politik und Arbeitgebern setzen, wir müssen über Hitzewallungen, Reizbarkeit und Schlafstörungen reden. Über das Gefühl, plötzlich nicht mehr belastbar zu sein. Mit unseren Freundinnen, unseren Kindern, unseren Partnern, unseren Kollegen. Die Menopause ist genauso biologisch normal und unausweichlich wie es Pubertät und Schwangerschaft (im Sinne der Evolution) sind. Daher müssen wir im Sinne von #diversity und #inklusion auch entsprechende Konzepte entwickeln, die niedrigschwellig und für jede Frau zugänglich ist. 

Und bis dahin liebe Frauen, informiert euch auf allen Kanälen und haltet Ausschau nach den Praxen, die sich Zeit nehmen für euch! Und wenn es Euch irgendwie möglich ist, investiert in eine individuelle Beratung, die das Potential hat, euer Leben nachhaltig zu verbessern.

Willkommen!

Ich bin Claudia Sievers, Frauenärztin und Coach, und begleite Dich in meiner Praxis in München und per Videocall überall auf der Welt durch die Ups and Downs eines Frauenlebens.

Ich bin von Natur aus lebensbejahend und überzeugt, dass etwas, das uns heute leidvoll, quälend und lästig erscheint, unser größter Lehrer ist und morgen die Quelle unserer Weisheit und Liebesfähigkeit sein wird. 

Hier auf meinem Blog trage ich für Dich zusammen, was mir wertvoll erscheint im Zusammenhang mit Frauengesundheit und Frausein.

Viel Freude!

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Auf dieser Plattform halte ich gerne Live Talks mit interessanten Menschen zu Themen der körperlichen und mentalen Frauengesundheit. Dort gebe ich außerdem einen Einblick in meinen Alltag als Frauenärztin, und Du erfährst, was mich bewegt.